Nicole Anger (Die Linke.)

Nicole Anger von der Partei Die Linke. will sich als Oberbürgermeisterin für eine starke MVB einsetzen.

Nicole Anger (45) lebt seit ihrer Geburt in Magdeburg und war Referentin für Kinder- und Jugendhilfe. Sie ist Landtagsabgeordnete für die Partei Die Linke. und lebt in einer Lebensgemeinschaft mit zwei Kindern in Stadtfeld-Ost. Sie und ihre Partei legen Wert auf einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr.

  • seit 2019 – Mitglied des Stadtvorstandes DIE LINKE. Magdeburg
  • seit 2021 – Co-Vorsitzende des Stadtvorstandes DIE LINKE. Magdeburg
  • seit 2021 Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt, Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik, Gesundheitspolitik und Politik für Menschen mit Beeinträchtigung der Fraktion DIE LINKE. im Landtag von Sachsen-Anhalt
  • Mitglied Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
    (VVN-BdA)
  • “Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V.” (Kassenprüferin seit 2019)
  • “Aktion Musik e. V. – Musik- und Medienzentrum Gröninger Bad” (Vorstandsvorsitzende 2020/2021)
  • Deutsch-Japanische Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.

Website: https://nicoleanger.waehlt-dielinke.de/

Nahverkehr ist ein elementarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und auch der Teilhabe. Diesen Stellenwert muss er auch real sichtbar einnehmen. Dafür muss die MVB finanziell und personell in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe wahrzunehmen.
Da ist seitens der Politik und der Verwaltung zu wenig passiert

Nicole Angern

Frage 1: Benutzen Sie selbst regelmäßig die öffentlichen Verkehrsmittel? Wenn nicht: Was hält Sie (bisher) von der Mitfahrt ab?

Nicole Anger: Ich bin seit vielen Jahren Abokundin der MVB. Für mich ist die Straßenbahn das wichtigste Verkehrsmittel, um gut und sicher zur Arbeit zu kommen. Bis zu meinem Einzug in den Landtag war dies beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, jetzt bis zum Domplatz. Mit der Eröffnung der Strecke Wiener Straße ergab sich für mich sogar eine enorme Verkürzung der Fahrzeit. Man sieht so selbst, welche Steigerung in der Attraktivität des ÖPNV durch neue Strecken erreicht werden kann. Auch wenn ich sonst in Magdeburg unterwegs bin, entweder zu Terminen in meinem Wahlkreis oder auch ganz privat, mit Bus und Bahn geht das meistens ziemlich gut. 

Frage 2: Wie sehen Sie das aktuelle Angebot im Städtischen Nahverkehr in Magdeburg? Was läuft gut und was nicht?

Nicole Anger: Der Ausbau des Streckennetzes der MVB – 2. Nord–Süd–Verbindung – ist ein wichtiger und richtiger Schritt für die Weiterentwicklung des Nahverkehrs vor Ort. Perspektivisch wird dies ein Mehrgewinn für uns alle sein. Allerdings sind in den vergangenen Jahren viele Probleme aufgelaufen, die scheinbar nur vor einem hergeschoben werden.

Es ist ein enormer Zeitverzug bei den Bauvorhaben zu beobachten. Bei der Beschaffung neuer Fahrzeuge, die wichtig für die Modernisierung des Fuhrparks sind, ist dies ebenso problematisch. Um das Schlimmste zu verhindern, hat man ältere nicht barrierefreie Fahrzeuge aus Berlin gekauft. Dies hat vor allem zu viel Unmut bei älteren Menschen geführt, aber auch bei Familien mit Kinderwagen und jüngeren Kindern. Des Weiteren können einige Strecken nicht mehr im angestrebten 10–Minuten–Takt bedient werden.

Das alles sind riesige Probleme, die aus meiner Sicht interne und externe Ursachen haben. Mit diesem unattraktiver werdenden Angebot sind trotzdem Jahr für Jahr die Tickets teurer geworden. Das kann niemand wirklich nachvollziehen. Neben der Pandemie ist dies wohl auch der Hauptgrund, dass die MVB so viele Kundinnen und Kunden verloren hat.

Frage 3: Wie sollte der ÖPNV Ihrer Meinung nach in Zukunft in Magdeburg aussehen?

Nicole Anger: In erster Linie muss natürlich preislich etwas passieren. Einige Menschen können sich ein Monatsticket einfach nicht mehr leisten. Nahverkehr ist ein elementarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und auch der Teilhabe. Diesen Stellenwert muss er auch real sichtbar einnehmen. Dafür muss die MVB finanziell und personell in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe wahrzunehmen. Da ist seitens der Politik und der Verwaltung zu wenig passiert.

Der ÖPNV ist ein wichtiger Baustein bei der Verkehrswende, um die Klimakrise zu bekämpfen. Dafür müssen langfristig die Kapazitäten bei Personal und Fahrzeugen erhöht werden. So kann der stadtweit angestrebte 10–Minuten–Takt auf allen Linien auch zuverlässig gewährleistet werden. Sprich, es muss eigentlich nur das umgesetzt werden, was einmal beschlossen wurde. Dann wären wir bei der Attraktivität des ÖPNV deutlich weiter. Und wenn man ehrlich ist, muss beim Ausbau der Barrierefreiheit der Haltestellen noch eine Schippe draufgepackt werden. Bis zum Ende der 2040er Jahre die Barrierefreiheit zu erreichen, ist einfach zu lange. 

Frage 4: Im Vergleich zu anderen Städten ist Magdeburg eine sehr autoorientierte Stadt. Sollten die Angebote des ÖPNV mehr ins Bewusstsein der Magdeburger rücken und wenn ja, wie?

Nicole Anger: Ohne politische und stadtgesellschaftliche Unterstützung kommen wir von dieser autofixierten Sichtweise einiger Verantwortlicher nicht weg. Gleichwohl ich da in letzter Zeit viel Bewegung beobachte. Aber ich sehe zu wenig Mut, mal deutliche Akzente pro ÖPNV zu setzen.

Es reicht nicht mehr aus, nur neue Tickets zu entwickeln. Nicht falsch verstehen, Ansätze wie ein Jobticket oder Mieter:innenticket sind richtig gut. Aber wir benötigen eher ein Bekenntnis, dass uns die MVB wichtig ist. Das muss sich auch in politischen Entscheidungen zur Verkehrspolitik ausdrücken. Hier gilt die klare Kante: Dann muss man dem Autoverkehr mal eine Spur wegnehmen, um die Bevorzugung des Autos einzuschränken. Das tut niemandem weh, es ist ja kein Verbot. Oder dann gibt es eben keine Linksabbiegerspur mehr, die auf den Gleisen liegt wie auf der Leipziger Straße/Ecke Wiener Straße. Und natürlich muss die Kommunikation mit den Menschen deutlich besser werden. Während der Bauzeiten erlebe ich viel Unzufriedenheit und Unmut über die Informationspolitik der Stadt und der MVB. 

Frage 5: In den letzten Jahren wurde in Magdeburg das Straßenbahnnetz erweitert. Welche weiteren Stadtteile sollten perspektivisch noch an den ÖPNV angebunden werden?

Nicole Anger: An erster Stelle steht natürlich der Anschluss von Ottersleben mit der Straßenbahn. Da wird ja auch schon seit vielen Jahren drüber diskutiert. Der Stadtteil ist enorm gewachsen und viele erzählen mir, wie unattraktiv augenblicklich der ÖPNV–Anschluss per Bus sei. Außerdem wäre es aus meiner Sicht sinnvoll gewesen, im Zuge der 2. Nord–Süd–Verbindung gleich den Florapark mit anzuschließen. 

Zukünftig muss man insbesondere bei der Bebauung von Flächen viel mehr den ÖPNV mitdenken, und zwar als ersten Schritt. Sonst steht man immer wieder vor einem großen Dilemma. Ein zukünftiger Ausbau eines Straßenbahnnetzes ist nachträglich nahezu unmöglich. Derartige Möglichkeiten darf man sich aber nicht verbauen. Kluge und vorausschauende Stadtplanung beginnt auch mit der Planung der Mobilität vor Ort. Da fällt mir besonders das ostelbische Gebiet ein, wo gerade enorm viel neugebaut wird. 

In erster Linie muss eine zukünftige Oberbürgermeisterin selbst mit gutem Beispiel vorangehen und Kundin sein und bleiben. Da entsteht sehr schnell ein Gespür, was gut läuft und wo Dinge verbessert werden müssen.

Nicole Angern

Frage 6: Die MVB hat in den Jahren bis 2019 massiv an Fahrgästen verloren. Was möchten Sie als zukünftige*r OB unternehmen, damit wieder mehr Fahrgäste den ÖPNV in Magdeburg nutzen? Welchen Modal Split streben Sie bis zum Ende der nächsten Amtszeit an?

Nicole Anger: In erster Linie muss eine zukünftige Oberbürgermeisterin selbst mit gutem Beispiel vorangehen und Kundin sein und bleiben. Da entsteht sehr schnell ein Gespür, was gut läuft und wo Dinge verbessert werden müssen. Die konsequente Erfüllung des 10–Minuten–Taktes muss das oberste Leitziel aller Handlungen und Maßnahmen in der Verkehrspolitik sein. Das macht den Nahverkehr zuverlässig und damit interessant für die meisten Menschen in Magdeburg. Als nächstes muss diese unsinnige Preisspirale bei marego durchbrochen werden. Das Land muss für die Finanzierung des Nahverkehrs viel mehr in die Pflicht genommen werden. Eine Oberbürgermeisterin muss in Richtung dieser sehr trägen Landesregierung deutlich werden und klare Worte finden. Nur so kann der Modal Split nachhaltig verändert werden.

Wir müssen es schaffen, dass 2/3 der Mobilitätsleistung in Magdeburg auf den Umweltverbund fallen. Davon soll der ÖPNV wenigstens 25% ausmachen. Andere Städte wollen 30% schaffen, aber man muss auch realistisch bleiben und die Rahmenbedingungen vor Ort entsprechend berücksichtigen.

Frage 7: Seit dem 01.01.2022 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Haltestellen im ÖPNV vollständig barrierefrei sein müssen. Dennoch sind in Magdeburg derzeit mehr als die Hälfte der Haltestellen bei Bus und Bahn nicht barrierefrei. Was werden sie unternehmen, damit eine schnelle Barrierefreiheit im ÖPNV hergestellt wird? Wieviel Haltestellen sollten aus ihrer Sicht pro Jahr barrierefrei umgebaut werden?

Nicole Anger: Das ist wirklich eine unangenehme, eher desolate Situation. In den vergangenen Jahren sind keine Haltestellen – außer bei den neuen Strecken – barrierefrei gebaut worden. Das ist ein Armutszeugnis der Stadt gegenüber Geheingeschränkten und Blinden, aber auch gegenüber Familien mit Kinderwagen.

Die Entwicklung des Magdeburger Standards ist löblich, nur darf das nicht nur auf dem Papier existieren. Ich weiß, dass der Stadtrat eine Beschleunigung des Ausbaus barrierefreier Haltestellen beschlossen hat. Aber auch das wirkt auf viele wie eine Ewigkeit – bis Ende 2040er Jahren fließt noch sehr viel Wasser die Elbe langrunter. Mit Sicherheit muss man diesen Plan nochmal zeitlich straffen und darauf achten, dass natürlich jedes Jahr die Gelder in den Haushalt entsprechend eingestellt werden. Sonst hilft uns der beste Plan nichts. Und ich werde mich beim Bund und Land für Fördergelder einsetzen. Die Aufgabe ist wirklich riesig, das ist mir bewusst. Aber genauso wichtig ist sie!

Die massiven Einschränkungen im Angebot der MVB sind Ausdruck tiefliegender Probleme des Nahverkehrs in Magdeburg. Waren viele Jahre eine unzureichende Personaldecke das Hauptproblem, so hat sich mittlerweile ein quantitativ und qualitativ unzureichender Fuhrpark als Achillesferse des Verkehrsunternehmens herauskristallisiert.

Nicole Anger

Frage 8: In den letzten Jahren musste die MVB massive Angebotseinschränkungen vornehmen: die Linie 8 wurde nahezu eingestellt, die Linie 3 verkehrt nur noch im 20-Minuten-Takt und nicht am Wochenende, auf den Buslinien wurde der 10- Minuten-Takt abgeschafft. Wie möchten Sie sicherstellen, dass die MVB in Zukunft ausreichend finanziert wird? Welchen Betrag sollte die MVB als jährlichen Zuschuss von der Landeshauptstadt Magdeburg erhalten, um einen modernen und zukunftsfähigen ÖPNV anzubieten?

Nicole Anger: Die massiven Einschränkungen im Angebot der MVB sind Ausdruck tiefliegender Probleme des Nahverkehrs in Magdeburg. Waren viele Jahre eine unzureichende Personaldecke das Hauptproblem, so hat sich mittlerweile ein quantitativ und qualitativ unzureichender Fuhrpark als Achillesferse des Verkehrsunternehmens herauskristallisiert. Zunächst müssen die Bürgschaften der Landeshauptstadt für die MVB deutlich erhöht werden, um mehr Fahrzeuge anzuschaffen. Die neuen zukünftigen Fahrzeuge ersetzen ältere Modelle. Dies führt nicht zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugbestandes.

Insgesamt müssen die Einnahmen der MVB erhöht werden, ohne die Preisspirale für die Fahrgäste dauernd nach oben zu drehen. Stattdessen sollte mittels eines attraktiven günstigen Angebots die Anzahl der Nutzer:innen des ÖPNV erhöht werden. Mehr Kund:innen = mehr Einnahmen. Zudem sehe ich Bund, Land und Kommune zusammen in der Pflicht, die Nahverkehrsunternehmen insgesamt finanziell auszustatten.

Der ÖPNV ist Teil der Daseinsvorsorge und muss daher besonders finanziell ausgestattet werden. Insbesondere das Land stiehlt sich augenblicklich aus dieser Verantwortung und reicht lediglich die Regionalisierungsmittel des Bundes weiter. Wahrscheinlich werden wir als Kommune etwa 20 Mio. € jährlich zusätzlich aufwenden müssen, um das Unternehmen gut auszustatten. Zudem kommen 8 Mio. € Mehreinnahmen durch die angestrebte Einführung des Schüler:innentickets hinzu. Mit diesen Geldern übernimmt die Landeshauptstadt eine verantwortliche finanzielle Ausstattung für das Unternehmen. Mit der angestrebten Verkehrswende muss schrittweise zusätzlich Geld dem Nahverkehr zugeführt werden. Die einseitige Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) muss endlich beendet werden.

Frage 9: Die MVB verfügt derzeit nicht über ausreichend Fahrzeuge, um alle Streckenabschnitte nach den Vorgaben des Nahverkehrsplanes zu befahren. So fährt die Linie 6 seit September 2021 zwischen Messegelände und Herrenkrug nur noch im 20-Minuten-Takt. Zwischen Rothensee und Barleber See ist auch neun Jahre nach dem Hochwasser der 10- Minuten-Takt noch nicht wieder hergestellt. Die Straßenbahnlinie zu IKEA wurde für 4 Jahre stillgelegt. Voraussichtlich 2024 stehen neue Straßenbahnen zur Verfügung, jedoch sollen gleichzeitig die ersten Niederflurstraßenbahnen verschrottet werden. Was möchten Sie unternehmen, damit die MVB in Zukunft über eine ausreichende Fahrzeugreserve verfügt?

Nicole Anger: Die Anschaffung der neuen Straßenbahnen wird zumindest teilweise zu einer Entlastung führen. Die Fahrzeuge sind größer und komfortabler. Gleichzeitig werden auch einige Umleitungsstrecken nicht mehr notwendig sein, was zusätzlich vorhandene Kapazitäten freisetzt. Allein die Tunnelbaustelle hat über viele Jahre einen erhöhten Bedarf an Fahrzeugen erzeugt. Das endet voraussichtlich Ende 2022. Aber aus den gemachten Fehlern muss natürlich gelernt werden. Mittelfristig sollte eine strategische Reserve an Bussen und Bahnen vorhanden sein. Immer wieder fallen Fahrzeuge durch Unfälle bzw. Wartung aus. Man kann diese Reserve auch für Veranstaltungsverkehre, insbesondere bei Sportereignissen, einsetzen. Das ist dringend notwendig. 

Frage 10: Fahrgäste beklagen häufig zu lange Fahrzeiten mit Bus und Bahn. Die Fahrer der MVB können oft den Fahrplan und Pausenzeiten nicht einhalten, da sie an vielen roten Ampeln anhalten müssen. Was werden Sie unternehmen, um die Fahrzeiten zu verkürzen, damit Fahrgäste schneller ans Ziel kommen? Wieviel Geld sollte für die Modernisierung und den Ausbau der Vorrangschaltungen aus Ihrer Sicht zur Verfügung stehen?

Nicole Anger: Die MVB hat die Kreuzungen, die augenblicklich als die größten „Zeitfresser“ gelten, priorisiert und benannt. Augenblicklich wird ja schon mit Siemens über die Modernisierung der Vorrangschaltungen verhandelt. Diese müssen als erstes modernisiert und die benötigten Gelder in den Haushalt gestellt werden. Anschließend muss dies Jahr für Jahr weitergeführt werden. Diese Investitionen werden sich schnell rechnen. Eine einzige Minute Zeiteinsparung kann auf das Jahr gerechnet bis zu 100.000 € einsparen. 

Frage 11: Welche Bedeutung hat nach Ihrer Meinung ein attraktives Tarifsystem im ÖPNV und wie sollte es aussehen? Unterstützen Sie die Einführung eines 365-Euro-Tickets?

Nicole Anger: Das 365€–Jahresticket ist in Wien von den Menschen sehr gut angenommen worden. Um das Ticket in Magdeburg einzuführen, sind sehr konkrete Veränderungen im gesamten Ticketsystem notwendig. Jobticket und Mieter:innenticket wären dann aus meiner Sicht obsolet. Allerdings will ich anmerken, dass es dann ein Sozialticket, welches den Namen tatsächlich verdient, geben muss. Kein Mensch, der von Transferleistungen lebt, ist in der Lage, eine so große Summe in Höhe von 365 € auf einmal aufzubringen. Das heißt es darf maximal 30€/Monat kosten. Damit hätten wir eine ausgewogene sozial verträgliche Balance. 

Frage 12: In welchem Zeitraum möchten Sie das vom Stadtrat beschlossene kostenfreie Schüler*innenticket umsetzen?

Nicole Anger: So schnell wie möglich. Eine konkrete Lösung wäre es aus meiner Sicht, dass ein Teil der Zuschüsse der LH Magdeburg (insgesamt über 20 Mio. €) zweckgebunden dafür eingesetzt werden. So hätte man auch schon das Ticket letztes und dieses Jahr ohne zusätzliche Haushaltsbelastung einführen können. Fehlende ernsthafte Bemühungen und Wille haben dies aber verhindert. 

Ich behaupte, dass diese Qualität und Quantität der Anbindungen des Fernverkehrs bei einer westdeutschen Landeshauptstadt undenkbar wären.

Nicole Anger

Frage 13: Wie bewerten Sie die aktuelle Eisenbahnanbindung von Magdeburg?

Nicole Anger: Schlichtweg schlecht. Magdeburg ist als Landeshauptstadt unzureichend an den Fernverkehr (IC/ICE) angeschlossen. Dies liegt nicht unbedingt an den Bemühungen der Handelnden vor Ort. Die Forderungen gibt es schon sehr lange und sind berechtigt. Die Bahn ist in der Pflicht, dies schnellstens zu ändern. Ich behaupte, dass diese Qualität und Quantität der Anbindungen bei einer westdeutschen Landeshauptstadt undenkbar wären. Zudem muss eine deutliche Aufwertung des S–Bahn–Verkehrs vollzogen werden. Ideal wären Bahnen im Zwanzig-Minuten–Takt. Jede halbe Stunde wäre aber schon ein Fortschritt. 

Frage 14: Derzeit sind mehrere neue Fernverkehrsverbindungen nach Magdeburg in Planung, viele davon leider erst in ferner Zukunft. Wie möchten Sie die Bahnanbindung von Magdeburg in den nächsten 4-5 Jahren verbessern und wie werden Sie zu einer schnelleren Verbesserung der Situation beitragen?

Nicole Anger: Mit der Intel–Ansiedlung entsteht augenblicklich eine Dynamik und Notwendigkeit, die einer enormen Beschleunigung dieser Prozesse bedarf. Dazu ist es notwendig, dies den Verantwortlichen im Bund auch klarzumachen. Weiterhin muss mit der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen–Anhalt verhandelt werden, um den Regionalverkehr zu verbessern. Eine kluge Verknüpfung von Fern– & Nahverkehr und des ÖPNV muss hier deutlich besser gestaltet werden.