Tobias Krull (CDU)

Tobias Krull (45) geht für die CDU ins Rennen um die Oberbürgermeisterwahl (Foto: Rayk Weber)

Magdeburg weiter denken – so lautet kurz und knapp das Wahlkampfcredo von Tobias Krull (CDU). Er spricht sich für eine realistische Sichtweise auf die Verbesserungsmöglichkeiten des öffentlichen Verkehrs in der Landeshauptstadt aus. Eine klare, unkomplizierte Tarifstruktur ist wichtig – und wenn es sich nachhaltig finanzieren lässt, befürwortet er auch das 365- Euro-Ticket.

  • von 09/2002 bis 04/2016 Mitarbeiter der CDU Ratsfraktion im Stadtrat der Landeshauptstadt, zuletzt Fraktionsgeschäftsführer der Fraktion CDU/FDP/Bund für Magdeburg im Stadtrat der Landeshauptstadt
  • 2007 bis 2009 erfolgreiche Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt
  • erstmals 2016 Direktwahl als CDU-Kandidat für den Landtagswahlkreis 11 (Stadtfeld-Ost, Altstadt und alle ostelbischen Stadtteile), Wiederwahl 2021
  • Vorsitzender des CDU-Landesfachausschusses Arbeit, Soziales, Integration und Integration
  • Mitglied im Magdeburger Kreisvorstand der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft
  • Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Magdeburg der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.
  • Mitglied Förderverein Magdeburger Dommuseum
  • Mitglied Werderaner Freunde e.V.
  • Mitglied der Deutsch-Atlantische Gesellschaft e.V.
  • Mitglied Deutsch-Polnische Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.

Website: https://www.tobias-krull.de/

Gesonderte Fahrtwege für Straßenbahnen und da wo es möglich und in der Gesamtbetrachtung sinnvoll ist, ebenfalls gesonderte Busspuren. Der ÖPNV muss von grünen Wellen durch Vorrangschaltungen profitieren.

Tobias Krull

Frage 1: Benutzen Sie selbst regelmäßig die öffentlichen Verkehrsmittel? Wenn nicht: Was hält Sie (bisher) von der Mitfahrt ab?

Tobias Krull: Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt durch mich eher unregelmäßig. Viele meine Termine finden in der Innenstadt statt und da versuche ich einfach möglichst viel per Fuß zu erledigen. Wenn das aus unterschiedlichen Gründen nicht klappt, nutze ich auch die Angebote des ÖPNV. Insbesondere bei Abendterminen ist aber die Nutzung des ÖPNV für mich unattraktiv. 

Frage 2: Wie sehen Sie das aktuelle Angebot im Städtischen Nahverkehr in Magdeburg? Was läuft gut und was nicht?

Tobias Krull: Aus meiner Sicht haben wir beim ÖPNV eine gute Grundversorgung. Sicher gibt es noch Verbesserungsbedarf, aber wenn die aktuellen baulichen Großvorhaben in der Stadt beendet werden, wird sich die Situation sicher verbessern. Ich denke bei der Attraktivität des Nachtverkehrs haben wir noch Potenzial nach oben. Der Nahverkehr muss schneller von A nach B kommen. Viele Fahrzeiten, vor allem aus den Randbereichen Magdeburgs dauern teilweise zu lange. Hier stelle ich mir eine weitere Förderung des Nahverkehrs durch den Ausbau von Vorrangschaltungen an Ampeln und vom restlichen Verkehr gesonderte Schiene vor, damit Bus und Bahn vor allem zu den Stoßzeiten zügig vorwärtskommen.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung, sei es durch digitale Fahrkarten, die beschriebene Vorrangschaltung durch intelligente Ampelanlagen oder bargeldloses Bezahlen an Fahrkartenautomaten, sind auch in diesem Bereich besser und konsequent zu nutzen.

Tobias Krull

Frage 3: Wie sollte der ÖPNV Ihrer Meinung nach in Zukunft in Magdeburg aussehen?

Tobias Krull: Attraktiv und in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Wünschen von (potenziellen) Fahrgästen und den vorhandenen Ressourcen der MVB bzw. der Landeshauptstadt. Im Rahmen von MAREGO brauchen wir gut abgestimmte Angebote für die ganze Region. Die Möglichkeiten der Digitalisierung, sei es durch digitale Fahrkarten, die beschriebene Vorrangschaltung durch intelligente Ampelanlagen oder bargeldloses Bezahlen an Fahrkartenautomaten, sind auch in diesem Bereich besser und konsequent zu nutzen.

Frage 4: Im Vergleich zu anderen Städten ist Magdeburg eine sehr autoorientierte Stadt. Sollten die Angebote des ÖPNV mehr ins Bewusstsein der Magdeburger rücken und wenn ja, wie?

Tobias Krull: Der ÖPNV soll in Magdeburg möglichst unkompliziert genutzt werden können. Hier kann ich mir ein breiteres Angebot an verschiedenen Fahrkarten vorstellen, dass sich mehr an den geänderten Lebensumständen der Menschen orientiert. Die bereits gute Zusammenarbeit zwischen der MVB und den Magdeburger Vermietern wie der WOBAU, die ihren Mietern einen Rabatt auf Jahreskarten erstatten, kann für die Wahrnehmung des ÖPNV ausgebaut werden.  Zum Beispiel mit der Nutzung von Online-Tickets und bargeldlosen Zahlungsmethoden.

Wenn sich aus der Nutzung des ÖPNV zeitliche und finanzielle Vorteile ergeben, ist das wohl die beste Werbung. Es geht schlussendlich auch um eine positive Wahrnehmung der MVB in der Öffentlichkeit. Voraussetzung hierfür ist eine gute Kommunikation.

Frage 5: In den letzten Jahren wurde in Magdeburg das Straßenbahnnetz erweitert. Welche weiteren Stadtteile sollten perspektivisch noch an den ÖPNV angebunden werden?

Tobias Krull: Persönlich kann ich mir eine Erweiterung in Richtung Ottersleben – perspektivisch auch bis zum Gewerbegebiet Eulenberg – vorstellen. Gemeinsam mit einem S-Bahn-Anschluss wäre hier ein attraktiver Angebotsmix vorhanden.

Frage 6: Die MVB hat in den Jahren bis 2019 massiv an Fahrgästen verloren. Was möchten Sie als zukünftige*r OB unternehmen, damit wieder mehr Fahrgäste den ÖPNV in Magdeburg nutzen? Welchen Modal Split streben Sie bis zum Ende der nächsten Amtszeit an?

Tobias Krull: Das Angebot muss für die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer so attraktiv sein, dass der Umstieg erfolgt. Das kann durch einen Mix aus einem schnelleren, nutzerfreundlicheren und weiterhin preiswerten Nahverkehr passieren. Mein Wunsch ist, dass beim Modal-Split der Anteil ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr steigt, aber ohne dabei PKW/LKW-Nutzung zu verteufeln. 

Frage 7: Seit dem 01.01.2022 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Haltestellen im ÖPNV vollständig barrierefrei sein müssen. Dennoch sind in Magdeburg derzeit mehr als die Hälfte der Haltestellen bei Bus und Bahn nicht barrierefrei. Was werden sie unternehmen, damit eine schnelle Barrierefreiheit im ÖPNV hergestellt wird? Wieviel Haltestellen sollten aus ihrer Sicht pro Jahr barrierefrei umgebaut werden?

Tobias Krull: Gemeinsam mit der MVB und den zuständigen kommunalen Behörden will ich nach Lösungen suchen. Dabei muss man aber auch die realistischen Rahmenbedingungen mit betrachten. Die Verfügbarkeit von Material und bauausführenden Firmen ist derzeit begrenzt. Beim Umbau von Haltestellen müssen die entsprechenden Hauptverkehrsstraßen über Wochen und Monate gesperrt werden. Das muss mit einem guten Augenmerk passieren, damit es in unserer Stadt nicht zum Stillstand kommt. Realistisch ist wohl maximal die Anzahl von bis zu 10 Haltestellen pro Jahre barrierefrei auszubauen. 

In fünf Jahren werden sich die Gesamtkosten der MVB, im Vergleich zum Jahr 2017, nahezu verdoppelt haben. Dies wurde jedoch niemals auf Fahrkartenpreise umgelegt, sodass der Anteil Magdeburgs an der Finanzierung der MVB jedes Jahr stark gestiegen ist.
Dies zeigt welche Bedeutung die MVB für die Stadt hat.

Tobias Krull

Frage 8: In den letzten Jahren musste die MVB massive Angebotseinschränkungen vornehmen: die Linie 8 wurde nahezu eingestellt, die Linie 3 verkehrt nur noch im 20-Minuten-Takt und nicht am Wochenende, auf den Buslinien wurde der 10- Minuten-Takt abgeschafft. Wie möchten Sie sicherstellen, dass die MVB in Zukunft ausreichend finanziert wird? Welchen Betrag sollte die MVB als jährlichen Zuschuss von der Landeshauptstadt Magdeburg erhalten, um einen modernen und zukunftsfähigen ÖPNV anzubieten?

Tobias Krull: Der jährliche Zuschuss der Landeshauptstadt an die MVB schwankt zwischen 37 und 42 Millionen. In fünf Jahren werden sich die Gesamtkosten der MVB, im Vergleich zum Jahr 2017, nahezu verdoppelt haben. Dies wurde jedoch niemals auf Fahrkartenpreise umgelegt, sodass der Anteil Magdeburgs an der Finanzierung der MVB jedes Jahr stark gestiegen ist. Dies zeigt welche Bedeutung die MVB für die Stadt hat. Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll nur über höhere Summen zu diskutieren. Vielmehr gilt es einen effektiven und effizienten Mitteleinsatz sicherzustellen. Auf der Basis entsprechender Vorarbeiten muss dann im demokratischen Verfahren über die Zuschusshöhe gesprochen werden. Die seit Jahren, vor allem auf Bundesebene, geforderte Verkehrswende, muss daher auch durch eine Finanzierung des Bundes sichergestellt werden, damit Magdeburgs Bürgerinnen und Bürger nicht direkt noch mehr belastet werden.

Frage 9: Die MVB verfügt derzeit nicht über ausreichend Fahrzeuge, um alle Streckenabschnitte nach den Vorgaben des Nahverkehrsplanes zu befahren. So fährt die Linie 6 seit September 2021 zwischen Messegelände und Herrenkrug nur noch im 20-Minuten-Takt. Zwischen Rothensee und Barleber See ist auch neun Jahre nach dem Hochwasser der 10- Minuten-Takt noch nicht wieder hergestellt. Die Straßenbahnlinie zu IKEA wurde für 4 Jahre stillgelegt. Voraussichtlich 2024 stehen neue Straßenbahnen zur Verfügung, jedoch sollen gleichzeitig die ersten Niederflurstraßenbahnen verschrottet werden. Was möchten Sie unternehmen, damit die MVB in Zukunft über eine ausreichende Fahrzeugreserve verfügt?

Tobias Krull: Die Beschaffung neuer Straßenbahnen wurde angesprochen. Mit den Fördermittelgebern muss abgestimmt werden wie eine „Reserve“ bei Neuinvestitionen mit beschafft werden kann. Ein kompletter Abverkauf „alter“ Straßenbahnen sollte nicht erfolgen. Auch hier sollte eine gewisse Reserve aufgebaut werden. 

Frage 10: Fahrgäste beklagen häufig zu lange Fahrzeiten mit Bus und Bahn. Die Fahrer der MVB können oft den Fahrplan und Pausenzeiten nicht einhalten, da sie an vielen roten Ampeln anhalten müssen. Was werden Sie unternehmen, um die Fahrzeiten zu verkürzen, damit Fahrgäste schneller ans Ziel kommen? Wieviel Geld sollte für die Modernisierung und den Ausbau der Vorrangschaltungen aus Ihrer Sicht zur Verfügung stehen?

Tobias Krull: Gesonderte Fahrtwege für Straßenbahnen und da wo es möglich und in der Gesamtbetrachtung sinnvoll ist, ebenfalls gesonderte Busspuren. Der ÖPNV muss von grünen Wellen durch Vorrangschaltungen profitieren. Magdeburg ist für verschiedene Verkehrssteuerungsprojekte Forschungsstandort. Ein solches würde ich gerne für diesen Bereich einsetzen. Über konkrete Summen kann ich keine Aussagen zum aktuellen Zeitpunkt treffen.

Frage 11: Welche Bedeutung hat nach Ihrer Meinung ein attraktives Tarifsystem im ÖPNV und wie sollte es aussehen? Unterstützen Sie die Einführung eines 365-Euro-Tickets?

Tobias Krull: Den Kauf möglichst unkompliziert gestalten und eine klar nachvollziehbare Tarifstruktur. Wenn sich eine nachhaltige Finanzierung darstellen lässt, bin ich ein Befürworter eines 365 Euro Tickets.  

Frage 12: In welchem Zeitraum möchten Sie das vom Stadtrat beschlossene kostenfreie Schüler*innenticket umsetzen?

Tobias Krull: Der Stadtratsbeschluss wurde in einer Situation gefasst, als bereits klar war, das keine dauerhafte nachhaltige Finanzierung gesichert ist. Diese Grundvoraussetzung muss erfüllt sein. Dann bin ich gerne bereit gemeinsam mit dem Stadtrat nach Umsetzungsmöglichkeiten zu suchen. 

Magdeburg ist ein Knotenpunkt im Eisenbahnverkehr.
Das gilt leider nicht für den Fernverkehr.

Tobias Krull

Frage 13: Wie bewerten Sie die aktuelle Eisenbahnanbindung von Magdeburg?

Tobias Krull: Magdeburg ist ein Knotenpunkt im Eisenbahnverkehr. Das gilt leider nicht für den Fernverkehr. Besonders schlecht sieht es mit Verbindungen in Richtung Berlin aus. Hier besteht Handlungsbedarf. Leider sind die langjährigen Bemühungen immer wieder gescheitert. Durch die geplante Großansiedlung kommt hoffentlich noch einmal Schwung in die Sache. 

Frage 14: Derzeit sind mehrere neue Fernverkehrsverbindungen nach Magdeburg in Planung, viele davon leider erst in ferner Zukunft. Wie möchten Sie die Bahnanbindung von Magdeburg in den nächsten 4-5 Jahren verbessern und wie werden Sie zu einer schnelleren Verbesserung der Situation beitragen?

Tobias Krull: Gemeinsam mit dem Land will ich mich an Bund und Bahn wenden um ein Vorziehen der Planungen zu erreichen. Es kann nicht im Sinne des Bundes sein, dass Magdeburg Vorzeigestandort der Halbleiterindustrie wird und über nur einen mittelmäßigen Anschluss an das Fernverkehrsnetz verfügt.